Es gibt immer viele Forderungen nach Vermögenssteuern und das Reiche ihren fairen Teil bezahlen sollen aber wie funktioniert das in der Praxis?
Zuerst sind wir uns wahrscheinlich einig das Einkommen aus Lohn ausreichend besteuert wird, ob 1-10 % mehr oben an 250k lässt sich diskutieren aber das sind kaum die Reichen an denen sich die meisten stören.
Erbschaftssteuer ist ein Ansatz aber sollte es nicht okay sein sein Unternehmen an das Kind zu vererben? Oder Börsennotierte Unternehmen nicht? Ab einem gewissen Umsatz/Gewinn/Schätzwert?
Gewinn aus Zinserlösen und Dividenden werden bereits mit 25% besteuert was schon ziemlich happig ist.
Superreiche werden meist auch ihre Aktien nicht verkaufen sondern stattdessen beleihen um an Geld zu kommen. Irgendwann ist ja aber auch hier der Kredit fällig und es müssen hierfür Anteile verkauft werden um den Kredit zu bezahlen -> ergo es wird versteuert.
Milliardäre sitzen soweit ich es verstehe halt hauptsächlich auf “unrealised gains” und mir fällt keine Lösung ein wie diese sinnvoll zu besteuern sind ohne das Stück für Stück die Firma(als Anteile)dafür verkauft werden muss. Die Unternehmensgewinne selbst werden ja auch versteuert, die Löhne an die Mitarbeiter ja auch noch.
Anscheinend gibt es in anderen Ländern ja deutlich höhere Grundsteuern aber da weiß ich nichts drüber wie das sie Reichen speziell mehr belasten sollen.
Wende mich halt an diese Community weil ich denke das schlauere Leute sich bereits den Kopf darüber zerbrochen haben und ich gern wüsste wie Ü
Vermögenssteuer ist nichts neues. Deutschland und Österreich hatten sie bis in die 1990er und die Schweiz hat sie bis heute noch. In der Theorie existiert sie noch in den Gesetzbüchern, sie wurde nur “temporär” ausgesetzt. Das Problem war dass Immobilien nicht mit dem Marktpreis erfasst wurden und das widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz. Und anstelle Immobilien “fair” zubesteuern wurde das Gesetzt einfach ausgesetzt.
Wie sie in der Praxis funktioniert. Einmal im Jahr muss man sein gesamtes Netto-Vermögen auflisten, den Freibetrag abziehen, und der Resbetrag wird mit rund 1% besteuert. Zum Vermögen zählen, Immobilien, Sparguthaben, Wertpapiere, Betriebe, Lebensversicherung, Luxus und Kunstgegenstände. Schulden werden vom Brutto-Vermögen abgezogen. Sollte das Nettovermögen unter dem Freibetrag leigen wird selbstverständlich keine Vermögenssteuer eingehoben. Angepasst an Inflation würde der Freibetrag heute bei rund 120.000,00 Euro Liegen. Allerdings würde ich vermuten dass der Freibetrag weithaus höher wäre auf Grund der stark angestiegenen Immobilienpreise. Eventuell die selben 500.000,00 Euro wie bei der Erbschaftsteuer.
Ich weiss nicht warum du einige Steuern aufgelistet hast und was die mit einer Vermögenssteuer zu tun haben soll. Der Hauptgrund für eine Vermögenssteuer ist, dass sie weitaus schwere zu umgehen ist als andere Steuern. In Deutschland und Österreich wurde die Vermögenssteuer sowohl von natürlichen und juristischen Personen eingehoben. Somit kann man kein Vermögen hinter Firmen verstecken. Und im Gegensatz zu Gewinnen, kann das Vermögen einer Firma nicht ins Ausland übertragen werden. Besonders Vorteilhaft ist auch dass Investoren aus dem Ausland die Immobilien kaufen nun Steuern bezahlen.
Solange der Freibetrag vernünftige ausgwählt wird, kann eine Vermögenssteuer sehr wirkvoll sein. Sie wurde auch Erfolgreich über 20 Jahre eingehoben.
Okay danke, das macht so am meisten Sinn. Würde das bei Firmen aber nicht die Industrie mit teuren Produktionsmaschinen, Lager und Materialkosten belasten und als Standort für solche unattraktiv werden, während “Digitale Unternehmen” ja deutlich weniger Substanz haben. Oder nicht?
Es ist doch okay, wenn man Firmen vererbt. Nur weil da eine Steuer drauf kommt, ändert sich daran doch nichts.
Abgesehen davon wird halt alles, was über 999.999.999€ geht umgeschichtet und die Person bekommt eine schöne große Plakette auf der steht, dass sie Kapitalismus gewonnen hat.
Zum Erben. Viele scheinen zu denken dass jede Erbschaftssteuer die vorgeschlagen wird für die Erben nicht bezahlbar ist und/oder direkt anfällt. Das ist aber bullshit.
- Man könnte die Rückzahlung über 20 Jahre Strecken. So könnte aus 20% Erbschaftssteuer 1% im Jahr werden. So viel Rendite sollte drin sein.
Oder es wird ein Teil der Firma an den Staat überschrieben, dieser ist nun an den Gewinnen beteiligt, der Erbe kann das aber zurückkaufen.
Das wären alles keine großen Steuerrevolutionen.
Um es mal etwas pathetischer auszudrücken: Vielleicht brauchen wir an der Stelle aber irgendwann eine Steuerrevolution. Wie soll eine Gesellschaft gerecht sein, wenn es völlig unverdient so drastische Startvorteile für einige wenige Privilegierte gibt? Ich verstehe, gerade angesichts der aktuell sehr ungerechten Gesellschaft, sehr gut den Impuls von Eltern, ihren Kindern jeden (auch noch so unfairen) Vorteil mitzugeben, zu dem sie imstande sind. Aber langfristig kann das nur dazu führen, dass sich Ungerechtigkeit generationsübergreifend fortsetzt und immer weiter vergrößert. Kapital = Macht = noch mehr Kapital, so funktioniert das in unserem System.
In einem gerechten System müsste es also eine sehr, sehr hohe Erbschaftssteuer geben, und bestimmte Sachen dürften vielleicht einfach gar nicht vererbbar sein.
Oh ja. Ich denke wie brauchen ein komplett anderes System.
Ich persönlich denke aber dass es möglich ist durch Reformen (also schrittweise Änderungen) das gleiche wie durch eine Revolution zu erreichen.
Wieso hältst du es nicht für sinnvoll einfach eine Kapitalsteuer auf Aktien einzuführen. Wieso spielt es eine Rolle dass schon die Unternehmensgewinne und die Löhne besteuert werden? Ich sehe nicht wieso das für die unrealisieten Gewinne anders sein soll.
Und bei einer Kapitelsteuer von sagen wir mal 1% im Jahr wächst dein Vermögen real immer noch. Reiche würden also immer noch reicher werden. (nur mal so zum Vergleich. Kleinsparer bei Sparkassen mit deka Fonds zahlen jährlich mehr drauf. Es gibt also praktisch schon Kapitalsteuern(die allerdings an Verkäufer von Fonds/etfs gehen)).
Meinen Gedanken gingen in diese Richtung: du besitzt eine Firma zu 100%, dir gelingt sowas wie biontech mit der mRNA Impfung und jetzt ist die Firma 10 Milliarden wert. Um die jetzt fällige steuer von 1% zu bezahlen muss ich einen (sehr kleinen) Teil des Unternehmens verkaufen. Klar steigt mein Unternehmensgewinn wahrscheinlich weiter und wenn im nächsten Jahr die Steuer fällig wird ist mein Unternehmen schon 10,3 Milliarden wert. Für die Steuer verkaufe ich also wieder ein bisschen und besitze jetzt noch ~98,2% von meinem Unternehmen. Klar habe ich trotzdem mehr Geld in der Tasche und bin reicher, muss aber trotzdem Stück für Stück Anteile aufgeben. In der Praxis haben solche Leute natürlich auch andere Einkünfte aus denen sie die Steuern zahlen könnten und die Zahlen die ich hier benutzt habe sind absurd hoch…aber mir scheint einfach ein System das so funktioniert nicht ganz durchdacht
Und was ist daran schlecht? Du wirst immer noch reicher und reicher.
Dein Beispiel ist aber etwas an den Haaren verbeigegriffen. Jede Vermögenssteuer die ich kenne hat gewisse Freigrenzen. Das finde ich sinnvoll.
Dass deine Firma 10Mrd wert ist liegt aber nicht daran dass du so viel arbeitest, sondern dass du Arbeiter hast denen du weniger Lohn zahlst als diese erarbeiten.
Wieso ist es denn in Ordnung dass du von deinen Arbeitern den Mehrwert abschöpfst?
Das teure Unternehmen unmoralisch sind ist ein nerviges Totschlagargument. Der Großteil des werts deines Unternehmens kann in Expertise, IP und Patenten stecken und hiervon steht den Angestellten kein “fairer” Anteil zu, außer sie sind/waren an der Schaffung dieser beteiligt . Ein Ingenieur der neue Herstellungsverfahren entwickelt wäre hier ein gutes Beispiel von jemanden der viel wert schafft und dafür auch gut beteiligt wird. Die Angestellten sollten einen fairen Lohn abhängig von dem Wert ihrer Arbeit bekommen, nicht davon abhängig wie viel Gewinn das Unternehmen macht.
Wieso unmoralisch? Den Begriff habe ich nicht genutzt. Ich habe nur den Zustand beschrieben den wir gerade haben.
Was ist denn ein fairer Lohn? Fair ist hier doch eher ein moralischer Einwand. Den finde ich falsch.
Ich denke dass das darauf ankommt. Der wert eines börsennotierten unternehmens ergibt sich nicht unbedingt dadurch das arbeiter viel erschaffen haben und dafür zu wenig bezahlt wurden, sondern dass “der markt” glaubt, dass das unternehmen so viel wert ist. Die klassische wirtschaftstheorie wonach kapitalistischer gewinn aus dem mehrwert der arbeiter generiert wird wird, soweit ich weiss, heute als veraltet angesehen.
Wenn ich eine firma habe in der ich meine angestellten fair bezahle, und sich der wert der firma z.b. über nacht verdoppelt, liegt dass dann daran dass ich meine angestellten in der vergangenheit unterbezahlt habe, oder daran dass irgendwelche menschen glauben die aktien in zukunft gewinnbringend verkaufen zu können?
Ja, es ist natürlich alles komplizierter.
Viele Leute haben in der letzten Zeit gesagt dass es viele Firmen gibt die am Aktienmarkt deutlich überbewertet sind. Ein gutes Beispiel ist Tesla, die mehr an Börsenwert haben also die nächsten 10 Autohersteller zusammen: https://www.reddit.com/r/dataisbeautiful/comments/kr3wy9/oc_tesla_is_now_bigger_in_market_cap_than_the/?ref=share&ref_source=link
Oft ist da Spekulation dabei. Aber was heißt denn Spekulation. Menschen denken dass die Firma so viel Wert ist, sie hoffen also darauf dass in Zukunft entweder einen Dummen gibt der noch mehr bezahlt, oder dass die Firma irgendwann wirklich Gewinn abwirft, oder?
Also entweder ist es eine Blase, und irgendwann haben sich die Anleger verzockt, oder Dividenden kommen doch, und diese sind Gewinne die die Arbeiter der Firma erwirtschaftet haben werden.
Aber so eine Blase ist doch sogar nur zum Vorteil von dem Eigentümer wenn es denn eine Vermögenssteuer gibt. Dieser muss ab und zu ein paar Anteile verkaufen, wenn die Blase platzen sollte kann er sich das aber billiger zurückkaufen.
Man könnte bei der Regelung ansetzen, die bis in die 90er galt: https://de.wikipedia.org/wiki/Vermögensteuer_(Deutschland)
In der Schweiz und sogar in Liechtenstein gibt es übrigens eine Vermögenssteuer.
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Dein Zweiter Punkt: Dass Superreiche Geld leihen und so Kapitalerträgen entgehen. Du meinst dass wenn der Kredit fällig wird ja doch Steuern gezahlt werden.
Soweit ich das System aus den USA dazu kenne ist das nicht der Fall. Kredite werden mit neuen Krediten bezahlt. Solange die Vermögenswerte hoch sind geht das. Erst wenn der Schuldner stirbt übernimmt der Erbe den Kredit. Wenn dieser nun Aktien verkauft werden nur die Gewinne seit Erbe angezogen, die Gewinne des Toten vor ihm nicht.
Das ist aber glaube ich ne USA Besonderheit, also nicht so relevant.
Letztes Thema zu Grundsteuer: Steuern sind auch dazu da zu steuern. Eine Mehrwertsteuer belastet beispielsweise mehr die untere Schicht, während eine Grundsteuer mehr die Reichen belastet. Das kommt daher dass diese meist mehr Grund besitzen. Zwar werden bei Miethäusern diese Kosten auf Mieter umgelegt, trotzdem zahlen Arme deutlich weniger Grundsteuer als Reiche (mit größeren Anwesen natürlich).
Eine höhere Grundsteuer hätte also nicht nur das Ziel dass Land effizienter genutzt wird, sondern würde auch etwas von oben nach unten umverteilen (also wenn stattdessen Bsp die Mehrwertsteuer gesenkt wird).
Man könnte auch eine progressive Grundsteuer einführen je nachdem wie viele Menschen auf der gegebene Wohnfläche wohnen.
Sagen wir die Steuer wird bei doppelter Wohnfläche nicht doppelt, sondern viermal so hoch.